Der Geist des Rates

Auf der Weltsynode im vergangenen Jahr in Rom wurde eine neue Art des Kommunizierens eingeübt: Das geistliche Gespräch in Kleingruppen. Teilnehmende berichten: Zu Beginn hat jeder und jede der maximal zehn Beteiligten drei Minuten, um zu sagen, was ihm oder ihr zum Thema wichtig ist. Die anderen hören zu. Dann wird zunächst geschwiegen, damit das Gehörte persönlich aufgenommen werden kann; in einer zweiten Runde spricht jeder und jede im Sin- ne eines ersten Echos darüber, was das Gehörte in ihm oder ihr bewegt oder anspricht. Anschliessend erfolgt noch einmal Stille, bevor man ins Gespräch und die Diskussion eintritt. Eine solche Art der Kommunikation braucht meines Erachtens eine Haltung der Offenheit und innere Weite. Das bedeutet, sich freizumachen von vorgefertigten Meinungen und vom Wunsch nach schnellen Entscheidungen. Nur so kann Beratung vertieft geschehen. Denn guter Rat ist niemals billig zu bekommen. Guter Rat ist im besten Sinne «teuer», ja kostbar. Für guten Rat braucht es das Zuhören, die Stille und die Zeit. Ich frage mich, wo und von wem lasse ich mich be- raten in meinem Leben? Wo vertraue ich auf einen Rat oder tue ich so, als höre ich ihn nicht? Mir kommen die biblischen Propheten und Prophetinnen in den Sinn.

Prophetisches

Ihre Hauptaufgabe war die Verkündigung von Gottessprüchen und Heil – Beratung im Namen Gottes. Manche wurden aus ihrem Umfeld herausgerufen und zu oppositionellen Kritikern der Gesellschaft, die oftmals Spott, Hohn und sogar Verfolgung ertrugen – weil ihr Rat nicht gehört werden wollte. Im Apsisbild der Morschacher Kapelle sind einige prophetische Gestalten dargestellt. Sie deuten mit ihren Händen eine Richtung an, wollen uns vielleicht Zukunftswege weisen oder uns auf etwas aufmerksam machen. Dargestellt sind diese Personen im Ordensgewand, in prunkvollem oder ganz einfachem Gewand. Propheten und Prophetinnen! Sie sind mitten unter uns, oft ungehört und unerkannt – auch heute. Wir wären gut beraten, ihnen zuzuhören.

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